Bild: Bastian Zimmermann |
So geschehen z. Beispiel durch die ag betrieb und gewerkschaft. bzw. durch deren SprecherInnen. Diese schreiben, Dietmar Bartsch sei für sie vollkommen inakzeptabel. Was heißt das eigentlich?
Heißt das, wenn der Souverän entscheidet, Dietmar zum Vorsitzenden zu wählen, dass diese GenossInnen dann nicht bereit sind, diese Entscheidung zu respektieren und eine Zusammenarbeit verweigern? Oder heißt das, dass dann DIE LINKE für sie nicht mehr akzeptabel ist? Was ist das eigentlich für ein Verständnis von innerparteilicher Demokratie und Solidarität? Was bedeutet diesen GenossInnen eigentlich der Wunsch nach gemeinsamer Stärke und kooperativer Parteispitze? Darf nicht vielmehr jeder und jede Delegierte und jedes Mitglied unserer Partei erwarten, dass egal wen sie in den Vorstand wählen, diese 44 GenossInnen solidarisch und kooperativ zusammenarbeiten und DIE LINKE zurück auf die Erfolgspur führen? Ist nicht das gerade die Kritik am derzeitigen Vorstand, genau dies nicht gekonnt zu haben? Und sind nicht mindestens zwei der UnterzeichnerInnen Mitglieder des bisherigen Vorstandes, dem man ohne Aufregung kollektives Versagen vorwerfen kann und muss?
Genauso ärgert es, wenn Sozialistische Linke und ag betrieb und gewerkschaften in die gleiche Kerbe hauen und Katja Kipping und Katharina Schwabedissen pauschal vorwerfen, ihnen würde der Bezug zur „lohnabhängigen Mehrheit der Bevölkerung“ fehlen. Katharina ist gelernte Krankenschwester, Katja Kipping Vorsitzende des Ausschusses für Soziales des Deutschen Bundestages und sind beide Mitglieder einer Gewerkschaft. An welcher Stelle haben diese beiden also weniger Bezug zur „lohnabhängigen Mehrheit“ als Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte?
Inakzeptabel wird es, wenn Kandidaten wie zum Beispiel Diether Dehm zur Anheizung der Konfliktlage in der Partei wilde Verschwörungstheorien in die Welt setzen, pauschal einer nicht näher spezifizierten Gruppe "Demontage" und anderen Kandidaten, in diesem Fall Dietmar Bartsch, unbewiesen vorwerfen, DIE LINKE an die SPD ausliefern zu wollen. Und sich mit dieser schon in der letzten Legislatur des Vorstandes so unsolidarischen Verhaltensweise für den Geschäftsführenden Parteivorstand empfehlen wollen. Als hätten sie mit der derzeitigen Lage der Partei so gar nichts zu tun.
Alles in allem: ich halte es für falsch, in unserer Partei Genossinnen und Genossen in dieser Form abzusprechen, für eine Funktion geeignet zu sein oder gar zu suggerieren, es gäbe einen Teil der Partei der eigentlich garnicht dazu gehört. Besser wäre es, und dies sei an die Adresse all jener Aufruf- und StellungnahmenschreiberInnen gesagt, wenn Genossinnen und Genossen, vor allem Kandidatinnen und Kandidaten ihre inhaltlichen und strategischen Angebote unterbreiten würden, wie die Partei aus der Krise zu führen sei. Der Parteitag wird diese in all ihrer Breite, Pluralität und solidarisch beraten und gemeinsam eine neue Führung wählen, die die anstehenden Aufgaben stemmen soll. Und die sind nicht ohne. Die Umfragewerte sind im Keller, wir bieten derzeit jede Menge Stoff für Untergangsartikel in den führenden Medien dieser Republik. Im kommenden Jahr wollen wir eine Bundestags- und drei Landtagswahlen erfolgreich bestreiten, 2014 stehen in 11 Bundesländern Kommunalwahlen, eine Europawahl und drei Landtagswahlen auf dem Programm. Wir müssen die Partei bis dahin wieder attraktiv machen, uns öffnen und das Vertrauen zurückgewinnen, dass wir in den letzten zwei Jahren verspielt haben.
Stellen wir also wieder unsere Mitglieder und Wähler in den Mittelpunkt unserer Politik. Schaffen wir neue Beteiligungsmöglichkeiten, nutzen wir die zur Verfügung stehende Technik und nehmen wir unsere Mitglieder und Wähler dabei mit. Konzentrieren wir uns auf wenige Schwerpunkte, ohne die Kärnerarbeit an Rand- und neuen gesellschaftlichen Themen zu vernachlässigen. Erschließen wir uns, dem gesellschaftlichen Wandel folgend und ihn ein Stück weit sogar vorausdenkend, neue Möglichkeiten, unsere Vorstellungen von einer besseren, gerechteren Welt hegemoniefähig zu machen.
Es gibt schon viele dieser Angebote, die ihr auf www.die-linke.de nachlesen könnt. Es ist gut, dass es so zahlreiche und offene Angebote gibt. Der Parteitag hat somit ausreichend Gelegenheit, sich ein Team zusammenzustellen, von dem er denkt, dass es in der Lage ist die vorgenannten Aufgaben zu schultern. Zwei Angebote dieser Art möchte ich euch besonders ans Herz legen. Das eine ist mein eigenes. Ich möchte mit Euch gemeinsam darüber nachdenken, wir wir Europa künftig gestalten. Nicht abstrakt, mit ein bisschen Krisenreaktion hier und ein bisschen Umverteilung dort. Sondern konkret, dass heisst wohin soll die EU transformiert werden. Wie muss ein Sozialsystem für Europa aussehen? Welche Kompetenzen sollten auf europäischer Ebenen, welche eher in den Regionen liegen? Wie wollen wir in Europa arbeiten und leben? Ich bin der festen Überzeugung, wir können die Menschen nur in eine neue Gesellschaft mitnehmen wenn wir sie gemeinsam mit ihnen gestalten. Ängste schüren und auf Zerfall setzen kann dabei nicht die richtige Strategie sein. Wann, wenn nicht jetzt, wollen wir damit beginnen? Wer, wenn nicht wir, sollte sich auf diesen Weg machen?
Das zweite Angebot unterbreitet Euch Dominic Heilig. Dominic, der maßgeblich den dem Parteitag vorliegenden alternativen Leitantrag mitformuliert hat, geht es vor allem darum, aus den Erfolgen und Niederlagen der europäischen linken Parteien zu lernen und sich nicht nur ihren jeweiligen Hype anzueignen und auf Erfolgswellen reiten zu wollen. Er möchte wie ich eher fragend durch die Gesellschaft gehen statt allzu schnell mit fertigen Antworten immer schon den richtigen Weg zu wissen. Er unterbreitet euch dass Angebot, sich mit euch in einen neuen Abschnitt der Partei DIE LINKE zu gehen, in dem Partizipations-Möglichkeiten ausgeweitet und Entscheidungsprozesse transparenter als bisher gestaltet werden.
Wir werden versuchen, euch in Göttingen von dieser Herangehensweise zu überzeugen. Denn jeder von uns ist überzeugt, dass nur so diese unsere Partei DIE LINKE eine Chance hat, tatsächlich in gesellschaftliche Auseinandersetzungen einzugreifen und diese im Sinne des Erfurter Programms zu verändern.
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